Ein Fünftel aller im Landkreis
Kronach erlegten Rehe wird nicht von den Jägern geschossen, sondern auf der Straße
getötet! „Die Straße wird zur Schlachtbank für das Rehwild“, stellte der
Leiter des Projektteams „Wild und Straße“, Klaus Riedel, bei der
Frühjahrssitzung fest.
Kronach – Seit 15 Jahren arbeitet das Projektteam sehr
erfolgreich, die Zahl der Wildunfälle im Kreis Kronach zu verringern. Was sich bereits
im Vorjahr andeutete, hat sich im vergangenen Jahr drastisch entwickelt: Die Zahl der
Wildunfälle im Kreis Kronach ist vom April 2005 bis März 2006 um mehr als zehn Prozent
angestiegen. Bei Klaus Riedel „läuten“ daraufhin die Alarmglocken.
Viele Jahre hatte die Zahl der Wildunfälle von jährlich über 400 vor
Gründung des Projektteams auf weniger als die Hälfte verringert werden können. Im
vergangenen Jahr aber habe man erstmals wieder über 200 Wildunfälle (nämlich 227)
registriert.
Anstieg in den
nächsten Wochen?
Gerade für die nächsten Wochen befürchtet das
Projektteam eine weitere Zunahme. Der lange Winter mit viel Frost und Schnee hielt das
Wild lange im Wald. Umso stärker drängt es nun hinaus in die Flur, um an das frische,
wenn auch noch spärliche Grün zu kommen. Dabei führt der Weg der Tiere leider oft über
Straßen.
Ohnehin sind der Mai (Vorjahr 27) und der Oktober (30) die Monate mit
den meisten Wildunfällen, wobei auch schon im April viel passiert.
Die Mehrzahl der Wildunfallschwerpunkte im zurückliegenden
Projektjahr sind altbekannt. Kreisbaumeister Michael Kestel zeigte diese anhand einer
aktualisierten Landkreiskarte auf. Auf vier Kilometern Streckenlänge ereigneten sich
entlang der B 85 zwischen Weißenbrunn und an der Landkreisgrenze 13 Wildunfälle. Trotz
vielfältiger Bemühungen passierten auf der Kreisstraße 25 zwischen Gundelsdorf und
Friesen neun Wildunfälle. Überraschend und neu ist der Wildunfallschwerpunkt zwischen
Dörfles und dem Friesener Kreisverkehr (neun Wildunfälle).
Ebenso viele Wildunfälle wurden auf der Umgehung zwischen Schmölz und
Beikheim gezählt. Zehn Wildunfälle waren zwischen Mitwitz und Haig auf der Staatsstraße
zu verzeichnen. Ein weiterer Problembereich ist das Gebiet zwischen Mauthaus und der
Thomasmühle (zehn Wildunfälle). Auffällig ist, dass in der Rennsteigregion seit vielen
Jahren keine derartigen Konzentrationen von Wildunfällen zu beobachten sind. Ein Grund
könnte in Klaus Riedels Augen sein, dass das Äsungsangebot im südlichen Landkreis
außerhalb der Wälder verlockender ist.
Außerdem sei gerade die Rennsteigregion äußerst engagiert in der
konsequenten Umsetzung der Schutzmaßnahmen. Eine Häufung von sechs Wildunfällen sei auf
der Kreisstraße von Kehlbach in Richtung Staatsstraße 2209 festzustellen sowie fünf
Wildunfälle zwischen Effelter und Tschirn.
Insgesamt verendeten im vergangenen Projektjahr auf den Straßen des
Landkreises vier Stück Rotwild, 21 Wildschweine, zehn Füchse, vier Dachse und 188 Rehe.
Dies bedeute auch einiges an Schäden an Fahrzeugen.
Ohne die kontinuierlich ergriffenen Schutzmaßnahmen wäre es wohl
angesichts des gestiegenen Verkehrsaufkommens mehr als das Doppelte. Dennoch will sich
das Projektteam mit den steigenden Wildunfallzahlen keinesfalls zufrieden geben.
Wirksamstes Mittel ist der „Duftzaun“, dies hat auch die 15-jährige
Erfahrung im Kreis Kronach gezeigt.
„Konsequent sein
und nachimpfen!“
„Wir dürfen nicht aufhören, zur
richtigen Zeit den Duftzaun zu setzen!“, rief Klaus Riedel nachdrücklich auf,
jetzt das „Nachimpfen“ oder Ausbringen des Duftzauns zu erledigen.
„Wir müssen konsequent sein!“ Spätestens bis Ostern müsse alles erledigt
sein.
Ausdrücklich bedankte sich der Projektteamleiter bei der Polizei im
Kreis Kronach, die mehr als 85 Prozent aller Wildunfälle aufnimmt. Erst kürzlich konnte
sich Riedel selbst von der vorbildlichen Mitwirkung der Polizei bei einem Wildunfall in
seinem Revier überzeugen.
Neben dem Duftzaun sei es jetzt auch wichtig, die Wildwarnreflektoren
zu reinigen.
Was im Kreis Kronach bereits seit einiger Zeit in Zusammenarbeit mit
der Kreisverkehrswacht durchgeführt wird kommt nun bayernweit: Die Plakataktion mit
speziellen Wildwarnhinweistafeln wird nun im Rahmen der „Aktion sichere
Landstraße“ ausgeweitet. Der Kreis Kronach habe erneut Modellcharakter. gehabt.
Dank mehrerer „Paten“ für die Hinweisschilder und der Zusammenarbeit mit
der Kreisverkehrswacht war dies überhaupt erst möglich.
Projektleiter Klaus Riedel referierte kürzlich beim Landesjägertag
über die Erfahrungen aus dem Landkreis Kronach. Immerhin ereigneten sich auf den
Landstraßen jedes Jahr 50 Wildunfälle, bei denen Menschen sterben, über 3000 Menschen
werden – oft schwer – verletzt und es entstehen Sachschäden in
Millionenhöhe.
Wer will
„Pate“ werden?
Der Deutsche Verkehrssicherheitsrat und die
Landesjagdverbände haben deshalb die „Aktion sichere Landstraße“ gestartet.
Im Landkreis Kronach soll noch ein weiteres derartiges Schild aufgestellt werden, wofür
noch ein Sponsor als „Pate“ gesucht wird.
Neben all diesen Maßnahmen für die Sicherheit der Verkehrsteilnehmer
sind aber auch Auto- und Motorradfahrer angesprochen, einen eigenen Beitrag zu
leisten.
Rainer Glissnik
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Ein Zaun mit dem
„Duft“ von Wolf, Luchs, Bär und Mensch
Der Duftzaun ist ein von der
Firma „Hagopur“
in Zusammenarbeit mit dem ADAC entwickeltes Produkt zur Reduzierung bwziehungsweise
Vermeidung von Wildunfällen an Straßen. Es handelt sich dabei um ein international
patentiertes Produktsystem. In Deutschland sind bereits rund 30 000 Kilometer Straße
mit Duftzaun ausgestattet worden. Die Bilanz ist eine Wildunfallreduzierung von
durchschnittlich 76 Prozent. Der Duftzaun ist völlig umweltneutral und rückstandsfrei.
Durch Einwirkung der UV-Strahlung öffnen sich die im Schaum enthaltenen feinen Poren,
die den Duft - eine Komposition aus Geruchsbestandteilen von Wolf, Luchs, Bär und
Mensch - freisetzen. Der Duftzaun lässt sich durch Anbringen von Schaumdepots entlang
der gefährdeten Straßen oder Straßenabschnitte an Pflöcken, Straßenbegrenzungen oder
Bäumen einfach aufbauen. Das einmal ausgebrachte Schaumdepot hält der Witterung bis zu
fünf Jahren stand.
Zur Erhaltung der Wirksamkeit müssen die Schaumdepots mindestens
zweimal im Jahr mit Konzentrat nachgeimpft werden.
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