Wer den Polizeibericht
in der Tageszeitung liest sieht es längst: Nahezu täglich findet sich mindestens eine
Wildunfallmeldung. Auch die Polizei stellt kaum noch eine Nacht ohne Wildunfall fest.
Belegt wird dies von den Erhebungszahlen.
„Jedes leidende Tier tut
weh.“
Glosberg – Woran liegt der
erhebliche Anstieg der Wildunfallzahlen im Landkreis Kronach in den letzten zwei
Jahren? Wie haben sich die bisherigen Maßnahmen zum Schutz vor Wildunfällen bewährt und
was kann künftig getan werden, um noch wirksamer zu sein? Diese Fragen beschäftigten
das Team „Wild und Straße“ und dessen Leiter Klaus Riedel, das seit 1990
engagiert für mehr Verkehrssicherheit arbeitet.
Seit dem Jahr 2011 steigen die Wildunfallzahlen signifikant, in den
letzten beiden Jahren schnellten sie regelrecht nach oben. Von den Polizei-Inspektionen
Kronach und Ludwigsstadt wurden im abgelaufenen Jahr insgesamt 509 Wildunfälle
gemeldet, davon zwei mit Personenschaden. Ein Jahr zuvor waren es 400 Wildunfälle, vor
drei Jahren waren es rund 300.
Bundesweit steige die Zahl der Wildunfälle, berichtete Teamleiter
Klaus Riedel. 240 000 waren es im Jahr 2014, was die Versicherer 575 Millionen Euro
kostete. Umso weniger könne er verstehen dass die Versicherer sich nicht stärker bei
der Wildunfallvermeidung einbringen. Jeder dritte Unfall im Landkreis ist mittlerweile
ein Wildunfall. Dabei gebe es im Landkreis Kronach eine vorbildliche Partnerschaft, in
die sich auch Polizei und Behören engagiert einbringen. Immer schnellere Straßen,
steigender Verkehr und wenig Maßnahmen seitens der Straßenbaulastträger stellte Riedel
fest. „Unser Wild leidet still“ - manche fahren nach dem Zusammenprall
sogar einfach weiter. Riedel appellierte an Kraftfahrer und Verantwortliche: Es muss
etwas geändert werden. Wir Menschen dringen mit unseren Fahrzeugen in die Lebensräume
des Wildes vor.
Dank der exakten Erhebung der Polizei können die Wildunfälle sehr
genau nachvollzogen werden. Im Norden des Landkreises wurden in letzter Zeit etliche
Straßen für schnelleres Fahren ausgebaut. Dies schlage sich dort in einer regelrechten
Explosion der Wildunfallzahlen nieder.
Eine Vielzahl von Maßnahmen kommt in der Region zum Einsatz. Ein
wesentlicher Eckpfeiler künftiger Schutzmaßnahmen wird der Duftzaun bleiben: effektiv,
kostengünstig, aber es muss immer wieder nachgearbeitet und der Duftstoff erneuert
werden. Blaue Bänder mit Duftstoff zeigten ebenfalls gute Wirkung. Diese Kombination
ist sehr wirkungsvoll. Der akustische und optische Wildwarner AWIWA hatte eine sehr
gute Wirkung, aber einen hohen Preis. „Ist leider zu teuer“, bedauerte
Riedel. Das Verkehrszeichen „Wildwechsel“ erwies sich nahezu als
wirkungslos. Einzig mit einer Geschwindigkeitsbegrenzung und Radarkontrollen könnte
dies wirksam werden. Das Wildwarnplakat „Könnten Sie jetzt noch bremsen?“
kam gut an. Granulat hatte kaum Wirkung.
Große Hoffnungen ruhen auf dem neuen Wildwarnreflektor
Multiwarnschutz, den ein Jäger aus Brandenburg entwickelte. Dieses Gerät kann auch mit
Duftstoff präpariert werden. Im Bereich Wickendorf Richtung Poesseck ereigneten sich
zuletzt sieben Wildunfälle, nach Anbringung der neuen Reflektoren plus Duft keine mehr.
Die freie Sicht am breiten Straßenrand sei gut, aber nur wenn nicht so schnell gefahren
werde.
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„Die Geschwindigkeit ist
entscheidend“.
Der blaue Halbkreisreflektor ist in Bayern
sehr oft zu sehen. Auch in der Region wurde er trotz Skepsis eingesetzt und zeigte eine
allenfalls wechselhafte Wirkung.
Teamleiter Klaus Riedel – eigentlich auch skeptisch –
nahm Kontakt mit dem Institut für Wildbiologie Göttingen auf. Dieses bescheinigte
aufgrund vielfältiger Tests auch dem blauen Halbkreisreflektor eine gute Wirkung. Die
Wildbiologen zeigten sich überzeugt. Die Wildtiere erkennen durchaus Farben, wenn auch
nur begrenzt – vor allem blau-grün, sei erklärt worden. In der Dunkelheit gebe es
für das Wild keine Farberkennung, auch nicht bei Blau. Blau sei keine Schreckfarbe,
werde aber wahrgenommen. Rot sehe das Wild gar nicht. Blau, grün, weiß und grau seien
erkennbar. Eventuell sollte der blaue Halbkreisreflektor mit Duftstoff kombiniert
werden. „Wenn wir Erfolg haben wollen geht es meistens in der Kombination“,
meinte der Teamleiter.
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