Hummendorf — Der
Landesjagdverband Bayern hatte in das Gasthaus „Zur Mühle“ in Hummendorf
eingeladen. Klaus Riedel blickte zurück, seit zwei Jahrzehnten bemühe sich ein Team mit
Vertretern aus Jagd- und Forst sowie von Polizei-, Verkehr- und Straßenbehörden, die
Wildunfälle im Landkreis Kronach zu minimieren. Das „Chamer Modell“ sei
in Cham unter Leitung von Hubert Kerzel in Zusammenarbeit mit dem ADAC entwickelt
worden, um Wildunfallschwerpunkte zu erfassen und Gegenmaßnahmen zu ergreifen.
Da es damals auch in Kronach erschreckend viele Wildunfälle gegeben
habe, habe man auch in der Region eine dementsprechende Initiative gestartet –
mit dem damaligen Landrat Dr.Werner Schnappauf als Schirmherrn. Nachdem man bestimmte
Gefahrenstellen lokalisiert habe, sei für Wildwarn-Verkehrszeichen und
Geschwindigkeitsbegrenzungen gesorgt worden. Später seien Wildwarn-Reflektoren
angebracht und sogar Wildäcker eingerichtet worden, um das Wild vom Wechseln der
Straßenseite auf Grund der Nahrungssuche abzuhalten.
„So etwas gibt
es sonst nirgends“
Als entscheidende Maßnahme habe sich aber der
1992 erstmals eingesetzte Duftzaun erwiesen. Der hart werdende Schaum müsse
regelmäßig mit einem speziellen Duftstoff getränkt werden. Er vermittele dem Tier
eine feindliche Gefahr von anderen Tieren oder vom Menschen. Sogar aus Schweden sei
Besuch von der dortigen Straßenverkehrsbehörde gekommen, um sich im Landkreis vom
Projektteam die Maßnahmen zeigen zu lassen.
„Seit 20 Jahren werden im Landkreis kontinuierlich
Wildunfälle erfasst und konkrete Maßnahmen ergriffen. So etwas gibt es sonst nirgends
in Bayern“, war Riedel voll des Lobes über das Engagement aller Beteiligten.Die
Zahl der Wildunfälle sei im Vergleich zu 1990 – trotz erheblicher
Verkehrszunahme – nahezu halbiert worden. Rund 4000 Unfälle sowie circa vier
Millionen Euro Sachschaden hätten verhindert werden können. Allein dort, wo der
Duftzaun eingesetzt werde, sei ein Rückgang von 80 Prozent zu verzeichnen. Trotz des
nachweisbaren Erfolgs werde das Projekt nicht von den Versicherern unterstützt. Seit
geraumer Zeit würden auch weiß-blaue Reflektoren ausprobiert, die allerdings kaum
Wirkung zeigten.
Hubert Kerzel ging auf die bundesweite Wildunfallerfassung ein.
Unfälle mit Rotwild kämen in nahezu allen Teilen der Bundesrepublik vor. Dennoch würden
diese in Deutschland sehr unterschiedlich erfasst. „Wir brauchen eine
Vereinheitlichung der Meldepflicht, die in die Straßenverkehrsordnung aufgenommen
werden muss. Es soll nur eine Anlaufstelle – in der Regel die Polizei –
geben“, forderte er.
Großes
Kompliment
Sowohl er, als auch Marketingleiterin Sabine
Becker von der Firma Hagopur, Hersteller des Duftzauns, sprachen allen Beteiligten
ein großes Kompliment aus: „Kronach ist das Vorzeigeprojekt schlechthin und das
Einzige, das über so eine lange Zeit kontinuierlich durchgeführt wird.“ Kurz
ging sie auf die Anfänge des Duftzauns ein, der Ende der 80-er Jahre aus einem
Ideenwettbewerb des ADAC als Sieger hervorgegangen sei. Damit bestückt seien nicht nur
weite Teile in Deutschland, sondern auch in Österreich und in der Schweiz, teilweise
auch in Spanien, Norwegen und Schweden. Neu gestartet sei man in Tschechien. Dort
habe man den Duftzaun über 130 Kilometer lediglich bei Unfallschwerpunkten gesetzt
mit dem Ergebnis, dass sich die Zahl der Unfälle dort von 1200 auf 70 verringert
habe.
Auf aktuelle Rechtsfragen kam Hubert Kerzel zu sprechen, der
besonders die sensible Thematik „Töten schwer kranken Wildes durch Jäger oder
Polizei“ behandelte. Er sprach sich eindeutig für den Gnadenschuss aus.
„Wir dürfen nie dasTier in seinen Qualen zurücklassen. Das Tierschutzrecht geht
vor Jagdrecht“, appellierte er eindringlich.
Landrat Oswald Marr würdigte die hervorragende Mitarbeit aller
Beteiligten als das Erfolgsrezept, mit dem man eine absolute Vorreiterstellung
einnehme. Die Fortführung sei nur durch das weiterhin harmonische Zusammenspiel von
Jägerschaft, Polizei, Forst und Behörden zu erreichen. Größte Anerkennung zollte er
Projektkoordinator Klaus Riedel, dessen selbstloser Einsatz unbezahlbar sei.
Mit dem Dank des Vorsitzenden der BJV-Kreisgruppe Kronach, Bernhard
Schmitt, endete die Frühjahrstagung.
Heike Schülein, FT
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