Textquelle: Fränkischer Tag, 16.04.2002
Autor: Rainer Glissnik


Schweden wollen von Erfahrungen im Kreis lernen

Anregungen eingeholt, wie die Zahl der Wildunfälle verhindert werden kann - Positives Beispiel

Gäste aus Schweden

Während in Schweden Bemühungen, die Zahl der Wildunfälle zu verringern, nur sehr wenig erbrachten, gab es in Bayern und hier vor allem im Landkreis Kronach hervorragende Ergebnisse. Der Berater der schwedischen Verkehrsbehörden, L O. Johansson, und Birgitta Kellner kamen deshalb zur Kronacher Projektgruppe "Wild und Straße", um hier zu lernen und darauf eine neue Initiative in Schweden aufzubauen. Das Bild zeigt (von links): Julius Herrmann (ADAC), Sabine Becker (Produktmanagerin Hagopur), Projektleiter "Wild und Straße" Claus Riedel, Landrat Oswald Marr, L O. Johansson, Birgitta Kellner und Kreisbaumeister Michael Kestel. (Foto: Rainer Glissnik)

   
KRONACH. In Schweden soll eine neue Initiative gestartet werden, um die Zahl der Wildunfälle zu verringern. Der Berater der Schwedischen Verkehrsbehörden, L. O. Johansson, war gemeinsam mit Brigitta Kellner in den Landkreis Kronach gekommen, um zu erfahren, wie Wildunfälle erfolgreich verringert werden können.
1999 gab es in Schweden 14 Todesfälle durch Wildunfälle, die Zahl der Unfälle mit Rotwild stieg von rund 8800 Unfällen im Jahr 1985 auf 24 000 Unfälle im Jahr 1999. In Schweden gibt es Kollisionen mit Elchen, Rehen, Hirschen, Rentieren, Wildschweinen, Bären, Wölfen, Vielfraßen, Luchsen, Ottern, Mufflons und Adlern.
Im Jahr 1996 gab es in Schweden bereits einmal intensive Bemühungen, etwas gegen Wildunfälle zu tun, aber die Ergebnisse der Bemühungen waren bescheiden.
In Schweden gebe es äußerst unterschiedliche Gebiete mit verschiedenen Tierarten, erläuterte L.O. Johansson. Der sicherste Schutz vor Wildunfällen seien auch in Schweden Zäune, aber diese seien schon allein aus Kostengründen nicht überall einsetzbar. Vor sechs Jahren habe man wohl bei den Bemühungen Fehler gemacht und wolle nun in Deutschland konkret lernen, was besser gemacht werden könnte. Der Kronacher Projektleiter "Wild und Straße",
Claus Riedel, hatte ein umfassendes Programm ausgearbeitet, um die Erfahrungen und Erkenntnisse theoretisch und praktisch vorzustellen und weiterzugeben.
Landrat Oswald Marr freute sich, dass die Schweden gerade im Landkreis Kronach erfahren wollen, was hier getan wurde und wie hier die Erfolge möglich wurden. Seit mehr als zehn Jahren arbeitet das Projektteam ,,Wild und Straße" mit ungebremstem Engagement daran, Wildunfallschwerpunkte zu erkennen und Maßnahmen zu ergreifen.
Ganz wesentlich für das erfolgreiche Kronacher Modell sei die Zusammenarbeit von vielen, die mit Verkehrssicherheit und Wildschutz zu tun haben: Jägerschaft, das Landratsamt mit verschiedensten Behörden, Verkehrswacht, ADAC, Polizei, Forstbehörde, Waldpächter, Jagdgenossenschaften, beratende Firmen, Bund Naturschutz, Tierschutz, Medien und andere. "Wir arbeiten eng zusammen", betonte Landrat Marr. Das Projektteam sei offen und dankbar für jeden, der sich einbringen wolle.
"Wir haben in mehr als zehn Jahren hervorragende Erfolge erzielt", zeigte er den interessierten schwedischen Gästen auf. Aber es dürfe nicht nachgelassen werden. Wichtig seien auch Bewusstseinsbildung der Verkehrsteilnehmer und ein deutliches Aufzeigen der Gefahrenpunkte. Verschiedene Methoden und Hilfsmittel wie Duftzäune, Reflektoren und das Anlegen von Wildäckern erbrachten gute Erfahrungen.
"Wir sind immer wieder begeistert", unterstrich Sabine Becker, Produktmanagerin der Firma
Hagopur (Landsberg). Sie verwies die schwedischen Besucher in den Landkreis Kronach. "Sie sind unser Vorzeigelandkreis geworden!"
Als es vor einigen Jahren in Deutschland bundesweit mehr als 50 Verkehrstote und 3000 zum Teil schwer Verletzte sowie einen Gesamtschaden von rund 250 Millionen Euro gab, wollten der Landesjagdverband Bayern, der Verein zur Förderung der freilebenden Tierwelt e. V. und der ADAC unbedingt etwas daran ändern. Als effektivster Schutz entwickelte bei einem vom ADAC ausgelebten Ideenwettbewerb der so genannte Duftzaun: An besonders gefährdeten Straßenabschnitten wird in bestimmten Abständen ein patentierter Duftstoff (er riecht nach Mensch, Bär, Wolf und Luchs) angebracht.
Auch in Schweden hatte es vor sechs Jahren Bemühungen mit einem Duftstoff gegeben, der nach Wolf roch, aber, die Erfolge blieben gering. In Schweden gebe es eine ähnliche Projektgruppe wie im Landkreis Kronach, allerdings auf Landesebene, erläuterte L. O. Johansson. Wahrscheinlich habe man vor sechs Jahren viele Fehler gemacht und wolle nun vor einem neuen Anlauf lernen - vor allem von den Erfahrungen der Kronacher Projektgruppe. "Das Mittel ist gut, nur wurde es wohl nicht richtig angewendet." Mit neuen Erfahrungen soll in Schweden ein neuer Anlauf gestartet werden. Am Gefahrenpunkt zwischen Burgstall und Mitwitz an der B 303 demonstrierte Jagdberechtigter Adolf Beier den Umgang mit dem Duftzaun. Hier erkannten die schwedischen Gäste, dass bei ihnen wohl bei falschen Temperaturen ausgebracht wurde und das "Nachimpfen" - alle halbe Jahre wird der Montageschaumartige Auftrag mit Duft erneuert - wohl auch zu tief eingebracht wurde. Auch an weiteren Stellen wurden Duftzäune und Wildunfallschutzmaßnahmen besichtigt.
Bei der intensiven Informationsvermittlung wirkten auch Projektleiter Claus Riedel, Kreisbaumeister Michael Kestel und Julius Herrmann (ADAC) mit. Der zweite Teil ihrer Informationsreise führt die schwedischen Wildunfallexperten nach Hannover zum ADAC.
 





 

Zurück zum Archiv