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Der Duftzaun rettet Rehen das Leben
Fränkischer Tag, 21.05.2010
Text und Foto: Heike Schülein


20 JAHRE WILDUNFALLBEKÄMPFUNG - Das Team „Wild und Straße“ bemüht sich mit Erfolg, die Zahl der Verkehrsunfälle mit Tieren zu senken.

Der Duftzaun rettet Rehen das Leben

FRÜHJAHRSSITZUNG - Projektkoordinator Klaus Riedel berichtete von einem höchst erfolgreichen Einsatz. Der Initiator des „Chamer Modells“, Hubert Kerzel, bezeichnete „Wild und Straße“ als Vorzeigeprojekt.

Der Duftzaun rettet Rehen das Leben

Landrat Oswald Marr, Marketingleiterin Sabine Becker, Projektkoordinator Klaus Riedel, Vorsitzender Hubert Kerzel sowie der Vorsitzende der BJV-Kreisgruppe Kronach, Bernhard Schmitt (von links), wollen die Wildunfallzahlen senken.

Hummendorf — Der Landesjagdverband Bayern hatte in das Gasthaus „Zur Mühle“ in Hummendorf eingeladen. Klaus Riedel blickte zurück, seit zwei Jahrzehnten bemühe sich ein Team mit Vertretern aus Jagd- und Forst sowie von Polizei-, Verkehr- und Straßenbehörden, die Wildunfälle im Landkreis Kronach zu minimieren. Das „Chamer Modell“ sei in Cham unter Leitung von Hubert Kerzel in Zusammenarbeit mit dem ADAC entwickelt worden, um Wildunfallschwerpunkte zu erfassen und Gegenmaßnahmen zu ergreifen.
   Da es damals auch in Kronach erschreckend viele Wildunfälle gegeben habe, habe man auch in der Region eine dementsprechende Initiative gestartet – mit dem damaligen Landrat Dr.Werner Schnappauf als Schirmherrn. Nachdem man bestimmte Gefahrenstellen lokalisiert habe, sei für Wildwarn-Verkehrszeichen und Geschwindigkeitsbegrenzungen gesorgt worden. Später seien Wildwarn-Reflektoren angebracht und sogar Wildäcker eingerichtet worden, um das Wild vom Wechseln der Straßenseite auf Grund der Nahrungssuche abzuhalten.

„So etwas gibt es sonst nirgends“

Als entscheidende Maßnahme habe sich aber der 1992 erstmals eingesetzte Duftzaun erwiesen. Der hart werdende Schaum müsse regelmäßig mit einem speziellen Duftstoff getränkt werden. Er vermittele dem Tier eine feindliche Gefahr von anderen Tieren oder vom Menschen. Sogar aus Schweden sei Besuch von der dortigen Straßenverkehrsbehörde gekommen, um sich im Landkreis vom Projektteam die Maßnahmen zeigen zu lassen.
   „Seit 20 Jahren werden im Landkreis kontinuierlich Wildunfälle erfasst und konkrete Maßnahmen ergriffen. So etwas gibt es sonst nirgends in Bayern“, war Riedel voll des Lobes über das Engagement aller Beteiligten.Die Zahl der Wildunfälle sei im Vergleich zu 1990 – trotz erheblicher Verkehrszunahme – nahezu halbiert worden. Rund 4000 Unfälle sowie circa vier Millionen Euro Sachschaden hätten verhindert werden können. Allein dort, wo der Duftzaun eingesetzt werde, sei ein Rückgang von 80 Prozent zu verzeichnen. Trotz des nachweisbaren Erfolgs werde das Projekt nicht von den Versicherern unterstützt. Seit geraumer Zeit würden auch weiß-blaue Reflektoren ausprobiert, die allerdings kaum Wirkung zeigten.
   Hubert Kerzel ging auf die bundesweite Wildunfallerfassung ein. Unfälle mit Rotwild kämen in nahezu allen Teilen der Bundesrepublik vor. Dennoch würden diese in Deutschland sehr unterschiedlich erfasst. „Wir brauchen eine Vereinheitlichung der Meldepflicht, die in die Straßenverkehrsordnung aufgenommen werden muss. Es soll nur eine Anlaufstelle – in der Regel die Polizei – geben“, forderte er.

Großes Kompliment

Sowohl er, als auch Marketingleiterin Sabine Becker von der Firma Hagopur, Hersteller des Duftzauns, sprachen allen Beteiligten ein großes Kompliment aus: „Kronach ist das Vorzeigeprojekt schlechthin und das Einzige, das über so eine lange Zeit kontinuierlich durchgeführt wird.“ Kurz ging sie auf die Anfänge des Duftzauns ein, der Ende der 80-er Jahre aus einem Ideenwettbewerb des ADAC als Sieger hervorgegangen sei. Damit bestückt seien nicht nur weite Teile in Deutschland, sondern auch in Österreich und in der Schweiz, teilweise auch in Spanien, Norwegen und Schweden. Neu gestartet sei man in Tschechien. Dort habe man den Duftzaun über 130 Kilometer lediglich bei Unfallschwerpunkten gesetzt mit dem Ergebnis, dass sich die Zahl der Unfälle dort von 1200 auf 70 verringert habe.
   Auf aktuelle Rechtsfragen kam Hubert Kerzel zu sprechen, der besonders die sensible Thematik „Töten schwer kranken Wildes durch Jäger oder Polizei“ behandelte. Er sprach sich eindeutig für den Gnadenschuss aus. „Wir dürfen nie dasTier in seinen Qualen zurücklassen. Das Tierschutzrecht geht vor Jagdrecht“, appellierte er eindringlich.
   Landrat Oswald Marr würdigte die hervorragende Mitarbeit aller Beteiligten als das Erfolgsrezept, mit dem man eine absolute Vorreiterstellung einnehme. Die Fortführung sei nur durch das weiterhin harmonische Zusammenspiel von Jägerschaft, Polizei, Forst und Behörden zu erreichen. Größte Anerkennung zollte er Projektkoordinator Klaus Riedel, dessen selbstloser Einsatz unbezahlbar sei.
   Mit dem Dank des Vorsitzenden der BJV-Kreisgruppe Kronach, Bernhard Schmitt, endete die Frühjahrstagung.

Heike Schülein, FT





 

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